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Erste-Hilfe-Kurs am BSZ Leonberg

Michael Geisser

BSZLEO ALLGEMEIN

Was tust Du, wenn jemand vor dir plötzlich umfällt und heftig zuckt? ("Lösung" am Ende des Artikels) Oder, noch schlimmer, die betroffene Person steht dir nahe, du willst helfen, bist aber unsicher, aufgeregt und siehst wie der andere leidet? In einem insgesamt sechzehnstündigen Kurs beschäftigten sich Schüler, Sekretärinnen und Lehrkräfte des BSZ-Leonberg unter anderem mit dem oben geschilderten Problemfall.

Ein Verletzter wird in die stabile Seitenlage gebracht

Reanimation mittels Herzdruckmassage

Frau Staiger erklärt die Funktionsweise eines Defibrillators

Ein Schüler beim Anlegen des Defibrillator-Pads

Unter der sachkundigen Leitung von Silke Staiger wurden in Kleingruppen einige Standard-Problemfälle dikutiert, durchgearbeitet, mit kleinen Rollenspielen nachgestellt und am Schluss in der großen Runde durchgesprochen. Sehr geschickt wechselte Frau Staiger Informationsteile, also graue Theorie, mit Aktionsteilen ab, so dass die Zeit wie im Fluge vorbeiging. Ein kleiner Test: Was würdest Du tun, wenn

a)ein Mann klagt, er habe Schmerzen in der Herzgegend, die auch noch in den linken Arm ausstrahlen (eine Frau hätte beim selben Problem eher Schmerzen im Oberbauch )
b)ein Kind mit einer dicken Beule am Kopf von der Straße kommt und nur noch jammern kann ("Ich habe mir den Kopf angeschlagen",etc.)
c)jemand vornübergebeugt über einen Tisch lehnt und nur unter sichtbarer Anstrengung pfeifend atmet?

Da war doch mal was: in den Tiefen der Hirnwindungen lauern Begriffe wie "stabile Seitenlage", "Schocklagerung", "Atemspende", was wäre jetzt richtig? Hättest Du´s gewusst? Die meisten Kursteilnehmer (und das gilt auch für den Autor) bekamen durch die "Problemfallsammlung" deutlich aufgezeigt, dass sie auf kritische Situationen nicht oder nur schlecht vorbereitet sind. Am schlimmsten für das Opfer ist es aber, wenn NIEMAND etwas tut.

Die gute Nachricht zuerst: Wer in die Lage kommt, helfen zu müssen, tut schon sehr viel, wenn er den Notruf "112" wählt (das geht auch bei gesperrten Handys) und sich dann ganz einfach von der geschulten Person der Notzentrale ABRAGEN lässt!

Die schlechte Nachricht: In lebensbedrohlichen Situationen (Herzstillstand, Atemstillstand etc.) überleben trotz richtig durchgeführter Hilfe weniger als 10% der Patienten. Es ist nachvollziehbar, dass die meisten Ersthelfer deshalb später selbst psychologische Betreuung benötigen. Dies war der bitterste Lektion des Kurses, aber auch hier sprechen die Zahlen: Falls in einer derartigen Situation NIEMAND hilft, dann überleben nur ca. 2% bis 3% der Patienten.

Es gibt viele kritische Situationen, die zwar unangenehm und schmerzhaft, aber zum Glück nicht direkt lebensbedrohlich sind. So erfuhren wir vieles zu folgenden Situationen (z.T mit einfachen praktischen Übungen): Herzinfarkt, Kopfverletzung, Asthma, Hyperventilation, Blutungen, Schlaganfall, Krämpfe, Verätzungen, Verbrennungen und Bewusstlosigkeit. Ich stellte schnell fest, dass meine vor fast 30 Jahren erworbenen Kenntnisse extrem lückenhaft und veraltet waren.

Da wir am BSZ unter anderem sogenannte Gefahrenberufe ausbilden, einer davon ist unter dem veralteten Name "Elektriker" bekannt, interessierte uns speziell der Themenbereich "Elektrounfälle". Die beginnen relativ harmlos mit einem Schrei und der Feststellung: "Ich hab einen Schlag bekommen", gehen über zu Verbrennungen und Verkrampfungen bis hin zu Atemstillstand und dem gefährlichen "Herzkammerflimmern". Dabei versucht der Herzmuskel weit mehr als 200 mal pro Minute zu pumpen. Weil das Herz für dafür nicht gebaut ist, wird es geschädigt; außerdem funktioniert der Sauerstofftransport nicht mehr und nach wenigen Minuten kommt es zur Hirnschädigung und schließlich stirbt der Patient.

Frau Staiger hatte die neueste Ausrüstung für diesen Fall mitgebracht, einen Torso mit Kopf, an welchem man mit Hilfe eines Defibrillators üben konnte. Und tatsächlich: Einer der Schüler ließ sich durch die Anweisungen des Defibrillators leiten, er klebte Kontaktflächen an das Testobjekt (sog. Pads), der Rest würde im Ernstfall durch den Defibrillator erledigt werden. Der rechtzeitige Einsatz des Defibrillators hätte die Überlebenschance des Unfallopfers ganz deutlich verbessert! (Trotzdem gibt es in ganz Leonberg nur eine Handvoll derartiger Geräte, unter anderem eines im Leo-Center)

Am Schluss waren sich alle einig: Man kann gar nicht oft genug auf kritische Situationen vorbereitet werden, damit man im Ernstfall richtig helfen kann. Bedenke: Auch Du könntest einmal rasche Hilfe benötigen (oder jemand, der Dir viel bedeutet) dann wäre jede Hilfe willkommen!

Das Problem ganz am Anfang des Berichtes (Zucken, Krämpfe) hört sich zwar schlimm an, ist aber meist nicht lebensbedrohlich. Was man nicht tun soll: den Patienten "festhalten".

Besser: Ihn ansprechen, gefährliche Gegenstände aus seiner Reichweite bringen (falls dies möglich ist) und unbedingt den NOTARZT rufen! Hättest Du´s richtig gemacht?

Herzlichen Dank an Frau Staiger, die uns an den zwei Tagen sehr viel beigebracht hat!