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Arbeitseinsatz in Novi Sad (Serbien) vom 24.9. bis 30.9.2006

Bertram Schnepf

BS

Die Organisation Bethel besitzt in den Bergen von Frustragora ein Ferien- und Begegnungscamp für Jugendliche, die infolge ethnischer Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien viel Leid ertragen mussten. Dort wurden durch Mithilfe verschiedener Gruppen aus Kanada und Deutschland (z.B. Zimmerer der Steinbeisschule Stuttgart) vier kleine Häuser errichtet, die dringend eines Außenputzes bedurften.

Nachdem wir im letzten Jahr mit den Arbeiten im Kinderdorf „Bethel“ nicht fertig wurden, sind wir um einen erneuten Einsatz gebeten worden.Schnell mussten vorläufigen Reisepässe beantragt werden. An einem Sonntag fuhren wir bei strahlendem Wetter los. Die Route führte über Nürnberg, Wien, Budapest, Szeged, Subotica bis nach Novi Sad.

Die Fahrt war abenteuerlich: in Ungarn lag ein LKW auf der Seite und hatte auf diese Art seine Ladung gelöscht. In Serbien lag einer auf dem Dach. Die Überholaktionen des Gegenverkehrs werden mit der Lichthupe angezeigt: man möge bitte auf den Standstreifen ausweichen. Ausfahrten befinden sich entlang der Autobahn: man fährt einfach die Böschung hinunter auf den Feldweg.

In Novi Sad angekommen traf man sich am Punkt „Mega Rodić“, einem ganz modernen Einkaufszentrum. Im Bethel gab es dann noch ein Abendessen (um 24 Uhr) dann gingen wir zur Nachtruhe ins Haus „Baracka 4“.

Die vier Häuser bestehen aus je zwei Schlafräumen mit drei Stockbetten und Regalen, zu jedem Raum gehört ein Vorraum mit Waschbecken, einem Klo und einer Dusche. Am Montagmorgen wurde das Gerüst aufgebaut. Unserem Wunsch nach mehr Gerüst konnte nicht entsprochen werden, aber wir hatten 12 Rahmen und Bretter von alten Stockbetten zur Verfügung, aus denen wir einen Großteil des benötigten Gerüstes zimmerten.

Anschließend wurden die Fenster abgeklebt, Eckwinkel zugeschnitten und versetzt. Das serbische Spachtelmaterial nennt sich „Stirofix“ und besteht aus zwei Komponenten: „Komponenta A“ ist das Trockenmaterial im Sack und

„Komponenta B“ ist ein Dispersionskleber im Kanister der in etwa unserer Haftemulsion entspricht. Schon diese Tatsache schließt den Einsatz einer Putzmaschine aus. Als Mörtelkübel diente ein abgeschnittenes Ölfass.

Der zähe, schwere und dunkelgraue Mörtel kommt einem Fliesenkleber sehr nahe. Mit diesem Material wurde dann in einem zweiten Arbeitsgang der Oberputz gestaltet, der nach dem dünnen Aufziehen abgeglättet und nur noch grob gescheibt wurde.

Zum Mittag gab es als „Kleinigkeit“ Pizza, zum Abendessen Wiener Schnitzel.

Am Abend besichtigten wir vor einem kleinen Umtrunk die Innenstadt von Novi Sad. Samuel, die gute Seele vom Bethel, führte uns. Er ist der Direktor und der Mann der gekonnt eingreift, wenn irgendwo irgendetwas fehlt!

Am Dienstag wurden weiter Eckschienen gesetzt, während die „Zweite Kolonne“ die noch fehlende Gewebespachtelung vornahm. Die Arbeitszeiten wurden durch angenehme Kaffeepausen und das Mittagessen unterbrochen. Es gab Eintopf und am Abend wurde gegrilltes Allerlei gereicht. Zwei Männer aus der Slowakei hatten sich angemeldet, die einen Hilfstransport von Backi Petrovac an die mazedonische Grenze begleiteten.In „Batch“, wie die Einheimischen sagen, werden Spenden angenommen, gelagert, falls nötig in Hilfspakete gepackt und selbst weiter verfrachtet oder koordiniert. Auch Vladimir Majerski nebst Gattin, über den das ganze Hilfsprojekt „KES“ (Batch) und Bethel läuft, kam vorbei.

Am Mittwoch waren die Arbeiten mit der Gewebespachtelung beendet und der erste Giebel und eine Seitenwand mit Oberputz versehen. Zu Mittag gab es den Rest Grillfleisch und Brote mit Schinken, Käse, Ei und Salami überbacken.

Ein Wort zur Verpflegung die mit einer selbstverständlichen Gastfreundschaft einhergeht: Das „Kamp Betel“ (serbisch) dient nicht zum Fasten. Reichlich und schmackhaft ist die Küche, die von ehrenamtlichen Frauen gekonnt geführt wird. Darunter auch die Ehefrauen von Vladimir und Samuel. Am Abend gab es leckeres Chili con Carne mit Polenta.

Am Donnerstag wurden vormittags zwei Giebel und zwei Seiten verputzt. Danach musste erst umgerüstet werden. Jetzt wurde noch ein Giebel verputzt und die gesamte Baustelle grob gesäubert. Zu Mittag gab es Börek, laut Küche eine Balkanspezialität. In diesem Fall Blätterteig wahlweise mit Hackfleisch- oder Käsefüllung.

Am Abend besuchten wir die zentrale Halle neben dem Stadion in Novi Sad. Die Halle beheimatet neben zahlreichen Geschäften eine Eishalle, Ballspielhallen, ein Schwimmbad und auch ein Theater. Danach ging es ins Mega Rodic zum einkaufen für das Camp und für die Heimfahrt. Anschließend war ein Abendessen in der dortigen Brauereigaststätte angesagt. Grillteller und Bier luden zum Verweilen bis 23 Uhr ein. Zum Besuch im Rodic machten wir ausnahmsweise schon um halb sechs Feierabend und nicht erst wie üblich um 18.30 Uhr oder 19.30 Uhr!

Der Freitag begann mit Einrüsten. Zu diesem Zeitpunkt waren noch zwei Giebel und vier Seiten zu verputzen. Eile war geboten! Nun streikte plötzlich unsere Kabeltrommel. Ersatz war zum Glück schnell da. Bis zum Mittag war absehbar, dass wir wohl bis zum Abend fertig würden. Um 18.30 Uhr waren die vier Häuser verputzt, alle acht Regenfallrohre montiert und die Abfälle rundherum zusammengelesen. Da gab es von Samuel erst mal ein schönes kühles Bier!

Danach hieß es noch das Werkzeug zu reinigen und den Bus beladen. An diesem Abend schrieben wir nach dem Abendbrot noch einen Leistungsnachweis und packten die Taschen.

Am nächsten Morgen, am Samstag, dem 30.09., verstauten wir den Proviant und traten die Heimreise nach einem Abschied bei schönstem Wetter an. Die Grenzkontrollen waren wie üblich lästig und aufregend zugleich. Man hofft immer nicht alles ausräumen zu müssen und wir hatten auch dieses Mal wieder Glück. An keiner Grenze mussten wir auspacken. Bei Linz sind wir von Zivilfahndern der österreichischen Kriminalpolizei kontrolliert worden. Nachdem sie unsere Papiere geprüft hatten, konnten wir unsere Reise fortsetzen.

Die Heimreise führte uns über München, an der Allianz-Arena vorbei, nach Aalen, wo wir den ersten Mann absetzten. Dann ging es weiter nach Mannheim, wo die nächsten zwei Männer zu Hause waren. Auf dem Weg dahin gab es einen Wolkenbruch und einen dazu gehörenden Unfall, bei dem wir aber nicht groß helfen konnten. Um vier Uhr war die Fahrerei zu Ende und ich war glücklich, wieder zu Hause zu sein.

P.S.

Vladimir Majerski vom Hriscanski Rekreativni Centar Betel hat sich herzlich in einem Schreiben an die Schulleitung bedankt, dass die Männer mit ihrem Lehrer, Herrn Bertram Schnepf, „die ganze Woche sehr fleißig, gewissenhaft und qualitativ“ gearbeitet haben.

Backi Petrovac, im Oktober 2006